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Berufliche und akademische
Bildung zusammen denken

Deutschland braucht Master und Meister – darin sind sich Politik,
Wissenschaft und Wirtschaft einig. 

 

 

Berufliche und akademische Bildung zusammen denken

Deutschland braucht Master und Meister – darin sind sich Politik, Wissenschaft und Wirtschaft einig. Dennoch ist die Gleichwertigkeit beider Bildungswege noch lange nicht erreicht. Nach dem Pisa-Schock der 2000er-Jahre wurde das Abitur mit anschließendem Studium zur gesellschaftlichen Norm erklärt. „Bildungsaufstieg“ bedeutet seither oft nur, dass Kinder aus Handwerksfamilien den Sprung an die Universität schaffen. Aus Sicht des Handwerks ist diese Debatte einseitig und die Bildungspolitik verfehlt.

© Handwerkskammer Aachen

„Universitäten des Handwerks“ sichern

Die Handwerkskammer Aachen betreibt fünf Bildungszentren im Kammerbezirk, die eine exzellente und einheitliche Ausbildung für die nächste Handwerksgeneration sowie für angehende Meisterinnen und Meister garantieren. Diese „Universitäten des Handwerks“ verdienen denselben ideellen und finanziellen Stellenwert wie die rund 420 Hochschulen in Deutschland, von denen allein fünf in der Stadt beheimatet sind.

Während akademische Bildungseinrichtungen in den vergangenen Jahren massiv ausgebaut und stärker gefördert wurden, stagniert die Finanzierung der handwerklichen Bildungsstätten – real bedeutet das sogar einen Rückschritt, denn die Baukosten steigen stetig. Der Sanierungsstau in vielen Bildungszentren, die größtenteils in den 1980er-Jahren errichtet wurden, ist unübersehbar. Die Landes-Gewerbeförderungsstelle des nordrhein-westfälischen Handwerks beziffert den Investitionsbedarf für überbetriebliche Bildungszentren in NRW in den nächsten zehn Jahren auf 1,3 Milliarden Euro. Allein im Kammerbezirk Aachen werden rund 120 Millionen Euro benötigt.

Traditionell trägt das Handwerk 35 Prozent dieser Kosten selbst. Der Bund übernimmt in der Regel 45 Prozent – in strukturschwachen Regionen 60 Prozent – und das jeweilige Bundesland steuert 20 Prozent bei.

 

ÜLU-Grundstufenförderung erhalten

Die Überbetriebliche Unterweisung (ÜLU) ist ein essenzieller Bestandteil der handwerklichen Ausbildung. In den Lehrwerkstätten von Innungen, Handwerkskammern und Verbänden lernen Auszubildende praxisrelevante Tätigkeiten, die nicht in jedem Ausbildungsbetrieb abgedeckt werden können. Die ÜLU stärkt somit die Fachkompetenz der Jugendlichen und fördert ihre Integration in Beruf und Gesellschaft.

Seit Jahrzehnten ist die ÜLU im ersten Ausbildungsjahr fest verankert. Dennoch gibt es immer wieder Überlegungen, aufgrund knapper Haushaltsmittel die Grundstufen-Förderung einzuschränken oder sogar zu streichen und stattdessen ausschließlich in die Instandhaltung der Bildungszentren zu investieren. Doch aus Sicht des Handwerks sind beide Maßnahmen unerlässlich, um das international anerkannte duale Ausbildungssystem zu erhalten. Die Handwerkskammer Aachen und der Westdeutsche Handwerkskammertag (WHKT) setzen sich deshalb vehement für den Erhalt der ÜLU-Grundstufenförderung durch die NRW-Landesregierung ein.

© Handwerkskammer Aachen
© Handwerkskammer Aachen

Meisterstipendien ausbauen

In den Kreisen Düren und Euskirchen wurden kürzlich Meisterstipendien eingeführt, um angehende Meisterinnen und Meister bei ihrer Weiterbildung zu unterstützen. Dieses Modell dient nicht nur der individuellen Qualifikation, sondern auch der Fachkräftesicherung in der Region. Die Stipendiaten verpflichten sich, ihre Meisterschule innerhalb der Regelstudienzeit abzuschließen und anschließend mindestens fünf Jahre im jeweiligen Kreis zu arbeiten.

Auch in der StädteRegion Aachen gibt es Bestrebungen, ein solches Stipendium zu etablieren. Angesichts der positiven Erfahrungen aus anderen Landkreisen unterstützt die Handwerkskammer Aachen die Einführung eines Meisterstipendiums im Kreis Heinsberg. Der Fachkräftebedarf entlang der deutsch-niederländischen Grenze ist hoch – gut ausgebildete Handwerkerinnen und Handwerker sind essenziell für die wirtschaftliche Zukunft der Region.

Meisterstipendium Kreis Düren

Zukunftscampus Berufliche Bildung in der StädteRegion Aachen

Die Handwerkskammer Aachen, die StädteRegion Aachen, die FH Aachen sowie die Berufskollegs Mies-van-der-Rohe in Aachen und Simmerath-Stolberg bündeln ihre Kräfte für eine moderne und vernetzte berufliche Bildung. Ziel ist es, schulische, berufliche und akademische Ausbildung enger zu verzahnen und die Lernbedingungen für Auszubildende und Studierende nachhaltig zu verbessern.

An den Standorten „Eifel Campus Simmerath“ und „Technik Campus Neuköllner Straße/Aachen“ sollen durch die enge Zusammenarbeit neue Ansätze zur Fachkräftegewinnung entwickelt und die Vernetzung der Lehrkräfte gestärkt werden. Die Kombination aus handwerklicher und akademischer Ausbildung bietet jungen Menschen mehr Entwicklungsmöglichkeiten und fördert den gegenseitigen Austausch.

Zudem werden innovative Lernmethoden und moderne Lehrkonzepte erprobt, um die berufliche Bildung zukunftsfähig weiterzuentwickeln. Das übergeordnete Ziel des „Kooperationsbüros für Zukunftscampus Berufliche Bildung StädteRegion Aachen“ ist die Modernisierung beruflicher Bildungseinrichtungen im Rheinischen Revier. Damit leistet das Projekt einen wichtigen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung der Region und zur Bewältigung wirtschaftlicher sowie ökologischer Herausforderungen im Strukturwandel. Das Projekt ist Teil der NRW-Fachkräfteoffensive und wird vom Land NRW gefördert.

Kooperationsbüro stärkt berufliche Bildung in der StädteRegion Aachen

© Handwerkskammer Aachen - Doris Schlachter